Mittwoch, 19. August 2009

Gedicht.

Mascha Kaléko: Das sechste Leben

Eine Katze hat neun
Ich brachte es auf fünf
Das erste war keines
Aber das zählte fast doppelt.
Angst, Hunger, Dunkel
Dann kam die Liebe
Und der Tag schien wieder möglich

Leben Nummer zwei
Bootfahrt auf dem Wasser
Der Jugend.

Nummer drei begann, da hörte
Nummer zwei auf.
Sturm rüttelte am Dach
Die Seidendecke zerriß

Und wir lagen im Gras
Deckten uns zu mit der weißten Wolke
Auf blauem Grund

Nummer vier begann damit, daß
aus Zweien Drei wurden
Es war ein Märchen
Wunder schon zum Frühstück
Und Zauber am Abend
Wir ritten über das Weltmeer
Trockenen Fußes
Pfeile trafen dicht daneben
Die Glut versengte uns nicht
Wir flogen im Schatten der
Schutzengel-Schwingen

Alle drei die Gott liebte.
Dann nahm er uns das Kind
Schon war es ein Mann geworden
Ein Gott...

Wieder allein, doch nicht
Wie zuvor, da zwei zu sein genügte...